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bemerkung.remark .95.

m e i n o . d e

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Erst vor kurzem ist mir etwas aufgefallen,- wieder einmal lag ich im Atelier auf dem grünen Ledersofa und dachte über mein Schaffen nach. Was ist passiert,?

Meine Bilder haben sich geändert ohne aus dem Zusammenhang gerissen zu sein. Ich habe fast 15 Jahre eigentlich täglich gemalt. Nach anfänglichem Umherirren, Ausprobieren, Studieren, bestand mein erster großer Malabschnitt darin, daß ich versuchte den Bildträger, die Bildform zu definieren. Ich zerstückelte Abbilder der Umwelt in Puzzleteilformen, blähte Details in fotorealistischer Malweise auf. Irgendwann fing ich dann an verschiedene Teile wieder zusammen zu fügen, erst die Bilder meiner Kommilitonen, dann gemalte Bilder meiner direkten Umgebung: meine Zuckerdose, mein Philodendron, die Stehlampe in meinem Elternhaus, der Feuerwehrwagen auf meinem Weg, meine Kekse.

Ich denke ich hätte noch viel aus meiner Umgebung verwertet, aber es kam plötzlich anders, - mein Vater hatte Krebs. Ich habe ihn oft im Krankenhaus besucht. Er kam wieder raus, aber meine Bildthemen wurden anders, - furchtbar kopflastig, glatt, reduziert auf eine Oberfläche, ich kopierte die Cover von Zeitschriften im Verhältnis 1:1 , fast fotorealistisch gemalt. „ Unsere Werbewelt, unsere Fernsehzeitung, unser ADAC-Atlas, „Unser Hund“, unser Hobby, unser Ikeakatalog, unsere „politische Bildung“.  Dann starb mein Vater. – danach habe ich auf den Tag genau ein halbes Jahr den Pinsel nicht mehr in die Hand genommen,- nicht weil ich nicht wollte. 

 Nun habe ich wieder angefangen – Die Bilder sehen anders aus, aber nicht düster. An ein viereckiges Tafelbild konnte ich mich immer noch nicht gewöhnen. Meist fehlt irgendwo eine Ecke oder auch zwei. Die Malerei ist abstrakter, vielleicht malerischer, aber lange nicht mehr so kopflastig geworden, ohne an Gehalt zu verlieren. Die Themen sind eher größer geworden, keine visuelle Definition von Beliebigen, keine Verarbeitung meiner Umwelt, nicht die der Medienwelt. Nachdem ich mich gesucht habe, versucht meinen Standpunkt zu definieren, eine Malerei, deren Legitimation zu analysieren,- wage ich mich nun doch tatsächlich an die alten Meister,- wo ist mein Respekt geblieben?. Aber ich male nicht respektlos, ich liebe sie, es sind meine Freunde geworden. Wir malen jetzt zusammen, zumindest machen sie mir keine Angst mehr.   Vielleicht benutze ich sie auch. Die Themen lauten jetzt: Rembrands Lächeln, Vermeer´s Tisch, Franz Hals´s Kragen, Bottichelli´s Baum.